Rufschädigung bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz
Gegen den Vorwurf einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz kann sich ein mutmaßlicher Belästiger mit einer Rufschädigungsklage zur Wehr setzen. Aussicht auf Erfolg für ihn verspricht aber nur eine wirklich gute Beweislage.
Wenn sich eine Arbeitnehmerin bei ihrem Arbeitgeber über eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durch einen Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder vielleicht den Arbeitgeber selbst beschwert, setzt das in einem Betrieb zumeist verschiede nicht mehr umkehrbare Geschehensabläufe in Gang. Die Beschwerden können sich am Ende jedenfalls als richtig oder falsch herausstellen, der Ausgang bleibt zunächst einmal ungewiss.
Ein im Verdacht stehender Belästiger sieht bei einer als falsch empfundenen Anschuldigung meist seinen sonst einwandfreien Ruf am Arbeitsplatz und auch darüber hinaus ganz besonders gefährdet. In Erwägung wird dann immer wieder eine Rufschädigungsklage entsprechend § 1330 ABGB gezogen, die auf künftige Unterlassung der Äußerung einer sexuellen Belästigung sowie allenfalls auf einen Widerruf bereits geäußerter Vorwürfe einer sexuellen Belästigung gegenüber Dritten gerichtet ist.
Aber ist so etwas sinnvoll? Das Risiko, dass dadurch erst recht die nicht gewollte Aufmerksamkeit erregt wird, ist zu bedenken. Und die Beweislast beim Vorwurf einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz folgt ihren eigenen arbeitsrechtlichen Regeln. Deshalb kann eine Rufschädigungsklage für einen mutmaßlichen Belästiger nur erfolgreich sein, wenn er den Vorwurf der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz auch tatsächlich als falsch beweisen kann. Das wiederum ist für ihn je nach Einzelfall eine gewisse rechtliche Hürde, weil sich die Vorwürfe häufig nicht restlos klären lassen. Verständlich ist diese Beweislastregel aber insofern, weil bloß deshalb, dass ein Vorwurf nicht zweifelsfrei als richtig erwiesen ist, noch nicht der Umkehrschluss folgt, dass ein Vorwurf falsch gewesen wäre. Und für eine Arbeitnehmerin soll das Wagnis, eine Beschwerde infolge einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz zu erheben, nicht zunichte gemacht werden.
Solange also eine Arbeitnehmerin den noch ungeklärten Vorwurf der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz in einem vertraulichen betrieblichen Rahmen hält und ihn nicht gegenüber einem allgemeinen Adressatenkreis, für den kein ernsthaftes Informationsbedürfnis daran besteht, überschießend äußert, wird sich ein mutmaßlicher Belästiger eine Rufschädigungsklage gut überlegen müssen. Das Eigentor droht ihm nämlich, wenn er mit der Rufschädigungsklage nicht durchdringt und dann wirklich jeder von den im Raum stehenden Vorwürfen Bescheid weiß.
Siehe dazu insbesondere:
- Striessnig, Der (un-)berechtigte Vorwurf sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und die Krux der ehrenrührigen Beweislast, ARD 6777/5/2021.