Aufzugswärter: Ein (freier) Dienstvertrag?

Die Abgrenzung zwischen einem freien Dienstvertrag und einem echten Dienstvertrag ist häufig nur ein sehr schmaler Grat.

Grundsätzlich unterscheidet sich der freie Dienstvertrag vom echten Dienstvertrag insbesondere dadurch, dass der freie Dienstnehmer den Ablauf seiner Arbeit weitgehend selbst regeln und auch jederzeit abändern kann, weshalb seine persönliche Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit gegenüber dem Dienstgeber fehlt oder nur sehr schwach ausgeprägt ist. Die Frage, ob ein bestehendes Vertragsverhältnis als ein freier Dienstvertrag oder echter Dienstvertrag gilt, hängt davon ab, wie das Vertragsverhältnis in der Praxis gehandhabt und nicht wie das Vertragsverhältnis bezeichnet wird. Es kann daher trotz einer eindeutigen schriftlichen Vereinbarung über ein freies Dienstverhältnis dennoch ein echtes Dienstverhältnis vorliegen.

Die Abgrenzung zwischen einem freien Dienstnehmer und einem echten Dienstnehmer ist nicht immer einfach. Das zeigt sich etwa am Beispiel eines Aufzugswärters. Solche Personen haben eine Aufzugswartprüfung abgelegt, machen regelmäßige Betriebskontrollen der Aufzüge, melden technische Störungen an die Aufzugs-Wartungsfirma und führen über all das laufend Aufzeichnungen. Nähere Einzelheiten dazu sind etwa im Wiener Aufzugsgesetz normiert.

Der Oberste Gerichtshof stufte in einer Entscheidung aus dem Jahr 2001 zur Geschäftszahl 8 ObA 95/01f einen Aufzugswärter, der mit der täglichen Überprüfung der Aufzüge im Sinne des Wiener Aufzugsgesetzes betraut war, als einen freien Dienstnehmer ein. Dabei war für den Obersten Gerichtshof vor allem ausschlaggebend, dass der Aufzugswärter, der gleichzeitig auch Wohnungseigentümer des Hauses mit dem Aufzug war, die Kontrollarbeiten nebenberuflich verrichtete und somit weder eine persönliche noch wirtschaftliche Abhängigkeit vom Dienstgeber bestand. Darüber hinaus sprach die freie Zeiteinteilung des Aufzugswärters in der Ausübung seiner Tätigkeiten für ein freies Dienstverhältnis, wenngleich der Aufzugswärter auch zur regelmäßig wiederkehrenden Arbeitsleistung verpflichtet war.

Hingegen dürfte der Verwaltungsgerichtshof die Einstufung eines Aufzugswärters als freien Dienstnehmer in einer Entscheidung aus dem Jahr 1996 zur Geschäftszahl 95/08/0175 etwas skeptischer beurteilen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht nämlich einen Widerspruch mit dem Wiener Aufzugsgesetz, wenn sich ein Aufzugswärter im Fall seiner Verhinderung durch einen Dritten vertreten ließe. Denn nach dem Wiener Aufzugsgesetz müsse grundsätzlich jene Person die dem Aufzugswärter obliegenden Pflichten wahrnehmen, die vom Aufzugsbetreiber gemäß § 12 Absatz 1 Wiener Aufzugsgesetz auch zum Aufzugswärter bestellt wurde und die besonderen Voraussetzungen für die Tätigkeit als Aufzugswärter gemäß § 14 Wiener Aufzugsgesetz erfüllt.

Allein die inhaltliche Divergenz dieser zwei höchstgerichtlichen Entscheidungen zeigt somit, wie heikel die Abgrenzung zwischen einem freien Dienstvertrag und einem echten Dienstvertrag manchmal ist. Kommt es zu einer Umqualifizierung eines freien Dienstvertrags hin zu einem echten Dienstvertrag, können die Folgen vor allem für den Dienstgeber unangenehm werden. Der Grat zwischen einem freien Dienstvertrag und einem echten Dienstvertrag ist mitunter jedenfalls äußerst schmal.

Siehe dazu insbesondere:

  • RIS-Justiz RS0021518.
  • OGH 15.11.2001, 8 ObA 95/01f.
  • VwGH 20.2.1996, 95/08/0175.