Das perfekte Dienstzeugnis

Für das perfekte Dienstzeugnis ist der Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber angewiesen. Einen Anspruch darauf gibt es grundsätzlich nämlich nicht.

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf dessen Verlangen ein Dienstzeugnis auszustellen. Zumeist erleichtert sich für den Arbeitnehmer das künftige berufliche Fortkommen, wenn er bei seinen Bewerbungen auf ein besonders wohlwollendes Dienstzeugnis seines früheren Arbeitgebers verweisen kann. Über weite Strecken ist der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem für ihn möglichst vorteilhaften Dienstzeugnis jedoch auf die freiwillige Mitwirkung des Arbeitgebers angewiesen. Denn wie auch immer das perfekte Dienstzeugnis im jeweiligen Einzelfall aussehen mag: Für den Arbeitnehmer gibt es keinen Anspruch darauf.

Das Arbeitsrecht verpflichtet den Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer grundsätzlich zur Ausstellung eines bloß „einfachen Dienstzeugnisses“ und nicht auch zur Ausstellung eines „qualifizierten Dienstzeugnisses“. Aus diesem einfachen Dienstzeugnis müssen im Wesentlichen nur die Dauer und Art der Arbeitsleistungen hervorgehen, wobei ganz allgemein keine für den Arbeitnehmer negativen Anmerkungen enthalten sein dürfen. Damit sind die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt, wenn der Arbeitgeber im Dienstzeugnis den Beschäftigungszeitraum des Arbeitnehmers festhält und seine Tätigkeiten hinreichend beschreibt. Solange also der Arbeitgeber insbesondere den Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers nicht unrichtig oder unvollständig wiedergibt und auf negative Anmerkungen über den Arbeitnehmer verzichtet, verhält er sich mit der Ausstellung eines einfachen Dienstzeugnisses gesetzeskonform.

Eine Wertung darüber, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben vielleicht auch mit „profunden Kenntnissen“ immer zur „vollsten Zufriedenheit“ verrichtet hat und überdies allseits „besonders geschätzt“ wurde, muss der Arbeitgeber hingegen nicht treffen. Er kann die Arbeitsleistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers aber natürlich freiwillig in Form eines qualifizierten Dienstzeugnisses beurteilen. Nimmt der Arbeitgeber solche Werturteile über die Arbeitsleistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers in das Dienstzeugnis auf, dürfen sie jedoch niemals für den Arbeitnehmer ungünstig sein und vor allem keine nachteiligen Geheimcodes enthalten. In Anbetracht dessen muss der Arbeitgeber somit bei der Ausstellung des qualifizierten Dienstzeugnisses besonders auf die immer wieder etwas eigentümliche Zeugnissprache mit den vielfältigen Superlativformen achten.

Der Arbeitgeber hat folglich die Wahl: Entweder stellt er dem Arbeitnehmer ein Dienstzeugnis mit dem Mindestinhalt aus und beschränkt sich quasi auf eine bloße Beschäftigungsbestätigung. Oder er nimmt darüber hinaus zusätzlich eine Beurteilung der Arbeitsleistungen und des Verhaltens des Arbeitnehmers vor, die dann jedoch ausschließlich positiv im Sinne des Arbeitnehmers ausfallen muss.

Für eventuelle neue Arbeitgeber des Arbeitnehmers ist ein einfaches Dienstzeugnis mit einem Mindestinhalt häufig nicht sonderlich aussagekräftig. Auch lassen sich manchmal negative Rückschlüsse ziehen, wenn der Arbeitnehmer bei seiner Bewerbung nur ein einfaches Dienstzeugnis und kein qualifiziertes Dienstzeugnis vorweisen kann. Will der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aber ein qualifiziertes Dienstzeugnis erlangen, ist er auf dessen diesbezügliche Bereitschaft angewiesen, zumal das qualifizierte Dienstzeugnis für den Arbeitnehmer grundsätzlich eben nicht durchsetzbar ist. Dementsprechend gehen auch Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber über den möglichen Inhalt eines qualifizierten Dienstzeugnisses eher zu Lasten des Arbeitnehmers. Denn bevor der Arbeitgeber Gefahr läuft, sich gerichtlich mit Streitfragen rund um den Inhalt eines qualifizierten Dienstzeugnisses auseinandersetzen zu müssen, kann er solche von Vornherein umgehen, indem er dem Arbeitnehmer gar nicht erst ein qualifiziertes Dienstzeugnis zusagt, sondern ihm gleich nur ein einfaches Dienstzeugnis mit dem bloßen Mindestinhalt ausstellt.

Der Weg zu einem perfekten Dienstzeugnis führt damit regelmäßig über ein gutes Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sofern dieses bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gänzlich getrübt ist. Lehnt der Arbeitgeber die Ausstellung eines qualifizierten Dienstzeugnisses letztlich ab, bleibt dem Arbeitnehmer nur der Anspruch auf ein einfaches Dienstzeugnis. Als für den Arbeitnehmer manchmal nur schwacher Trost dürfen darin allerdings immerhin keine nachteiligen Anmerkungen enthalten sein.

Siehe dazu vor allem:

  • § 39 Angestelltengesetz (für Angestellte).
  • § 1163 ABGB (für Arbeiter).
  • RIS-Justiz RS0029978.