Das verschleierte Entgelt im Exekutionsrecht

Bezieht ein Dienstnehmer bei einem Dienstgeber ein verschleiertes Entgelt, können Gläubiger eines Dienstnehmers auf ein fiktives Entgelt zugreifen. Für den pfändbaren Teil eines solchen fiktiven Entgelts muss letztlich der Dienstgeber gegenüber den Gläubigern einstehen.

Die Durchsetzung von gerichtlichen Entscheidungen wird manchmal zum Problem. Dies vor allem dann, wenn ein Gericht jemandem eine Geldforderung zuspricht, diese Geldforderung beim Schuldner aber nicht einbringlich ist. Scheitert nun zum Beispiel eine Lohn- oder Gehaltspfändung, weil der Schuldner offiziell kein oder bloß ein unter dem Existenzminimum liegendes Entgelt bezieht, stellt sich unter anderem folgende Frage: Verdient der Schuldner bei einem Dienstgeber vielleicht ein verschleiertes Entgelt?

Zur Veranschaulichung ein Sachverhalt aus einer deutschen Gerichtsentscheidung: Ein Schuldner hat bei seinen Gläubigern Außenstände in beträchtlicher Höhe. Da er im Lebensmittelmarkt seines Sohnes beschäftigt ist und dort für Hilfsarbeiten mit nur etwa Euro 500,- entlohnt werden soll, geht für seine Gläubiger eine Pfändung des Arbeitseinkommens ins Leere. Schließlich stellt sich nach einem Detektiveinsatz unter anderem jedoch heraus, dass der Schuldner im Lebensmittelmarkt seines Sohnes tatsächlich von den Mitarbeitern als „Chef“ bezeichnet wird, mit einem Headset Einkaufsgespräche mit Lieferanten führt und für Bewerbungsgespräche mit potentiellen Mitarbeitern verantwortlich ist. Nachdem diese Erkenntnisse nicht wirklich zu einem Hilfsarbeiter passen, kann dem Schuldner letztlich unterstellt werden, dass er im Lebensmittelmarkt in Wahrheit eine leitende Tätigkeit mit entsprechender Verantwortung ausübt. Und für eine solche Tätigkeit muss der Schuldner auch ein entsprechendes über Euro 500,- liegendes Arbeitseinkommen beziehen, das zugunsten seiner Gläubiger pfändbar ist.

Rechtlich ist in diesem Zusammenhang § 292e der Exekutionsordnung einschlägig. Demnach ist sinngemäß im Verhältnis zwischen einem Gläubiger und einem Dienstgeber des Schuldners ein angemessenes Entgelt für eine Pfändung heranzuziehen. Soll also heißen: Verdient der Schuldner bei einem Dienstgeber „auf dem Papier“ nichts oder zu wenig, wird ein fiktives Entgelt unterstellt. So hielt der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung einmal ein fiktives Entgelt von monatlich Euro 2.000,- netto für einen (faktischen) Geschäftsführer als vertretbar, wobei in diesem konkreten Fall pro Monat anteilige Euro 363,- pfändbar waren. Und für diesen pfändbaren Teil des fiktiven Entgelts hat dann der Dienstgeber direkt gegenüber den Gläubigern einzustehen.

Vor diesem Hintergrund wird es für einen Dienstgeber mitunter zu einem finanziellen Risiko, sich auf Entgeltverschleierungen einzulassen. Für Gläubiger hingegen eröffnet sich dadurch die Möglichkeit, ihre Forderungen gegen einen Schuldner über einen Umweg doch noch einbringlich machen zu können. Dafür müssen freilich zumindest Indizien für das Bestehen eines verschleierten Entgelts vernehmbar sein. Solche Indizien mögen häufig zwar nicht augenscheinlich sein, doch letzten Endes lässt sich auch nicht alles verbergen.

Siehe dazu insbesondere:

  • § 292e Exekutionsordnung.
  • OGH 22.7.2014, 9 ObA 73/14x.
  • LArbG Baden-Württemberg 27.1.2011, 3 Sa 51/10.