Eine aufgetakelte Polyestertussi

Beleidigungen am Arbeitsplatz führen häufig zu Konflikten und arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen.

An manchen Arbeitsplätzen entspricht das Arbeitsklima aus verschiedensten Gründen sicherlich nicht den normalen Wertvorstellungen. Einblicke, was in der Arbeitswelt im Umgang zwischen Arbeitnehmern, Vorgesetzten und Chefs mitunter alles vorkommt, geben vor allem Gerichtsverfahren.

So geht etwa aus einer Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts Wien aus dem Jahr 1996 hervor, dass ein Vorgesetzter eine Arbeitnehmerin als „aufgetakelte Polyestertussi“ bezeichnete. Diese Äußerung mutet zwar etwas kreativ an, ist für eine würdevolle Zusammenarbeit aber wenig förderlich. Dementsprechend stufte sie das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände im konkreten Fall als unangebracht, unangemessen und ehrenbeleidigend ein. Denn unter „Tussi“ werde im allgemeinen Sprachverständnis eine junge, naive bis einfältige Frau verstanden. Und die Verknüpfung mit den Worten „aufgetakelt“ und „Polyester“ spiele abwertend auf die äußere Erscheinung dieser Person an.

Denkbare Folgen: Die Arbeitnehmerin könnte sich bei einer solchen Beleidigung in einem ersten Schritt um Abhilfe ansuchend an den übergeordneten Chef wenden, wodurch dem Vorgesetzten arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Entlassung drohen.

Im Gerichtsverfahren selbst ging es allerdings rein rechtlich um Ansprüche der Arbeitnehmerin nach dem Gleichbehandlungsgesetz infolge einer sexuellen Belästigung, weil der Vorgesetzte neben der verwendeten Bezeichnung „aufgetakelte Polyestertussi“ außerdem Witze mit sexuellem Bezug erzählte und über die Arbeitnehmerin gegenüber einer Dritten die Bemerkung „Wenn sie sich beim Schnackseln auch so anstellt, na dann…“ fallen ließ. Aber solche Ansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz sind wieder ein anderes Thema.

Siehe dazu insbesondere:

  • ASG Wien 15.10.1996, 24 Cga 170/95k, ARD 4811/22/1997.